Der Bundesfeuerwehrverband soll feststellen, welche Gefahren wirklich durch Photovoltaikanlagen drohen - Nicht viele, laut Photovoltaik Austria
Bei einem Brand eines Hauses mit Photovoltaikanlage (PV-Anlage), lassen die Feuerwehren das Gebäude kontrolliert abbrennen. Das suggerierten viele Medienberichte im vergangenen Jahr vor allem in Deutschland. Kein Einsatzleiter könne es verantworten, seine Mannschaft in solch ein Brandobjekt zu schicken. Der Grund: Eine Photovoltaikanlage ließe sich vor allem bei Tageslicht nicht komplett spannungsfrei schalten. Die Einsatzkräfte wären einer ständigen Gefahr durch Strom ausgesetzt.
Der Präsident des Interessenverbands Photovoltaik Austria, Hans Kronberger, widerspricht den Medienberichten nicht nur, sondern nennt sie in einer Aussendung sogar "Zeitungsenten". Die Falschmeldungen wären nichts anderes, als eine Möglichkeit für Zeitungen und TV-Stationen das nachrichtliche Sommerloch zu füllen. "Wenn Feuerwehren Häuser mit Spannungen von bis zu einem Kilovolt abbrennen lassen müssten, dann dürften sie auch keine Trafos löschen", sagt Kronberger.
"Machen wir auch nicht", erwidert Martin Mittnecker vom Burgenländischen Landesfeuerwehrverband. Immerhin sei ein Trafo in einem Häuschen untergebracht. Die Aufgabe der Feuerwehr sei es nur, eine Brandausbreitung zu verhindern. Die Medienberichte seien aber trotzdem überzeichnet. "Wir dürfen von Gesetzes wegen keine Wohnhäuser einfach abbrennen lassen", sagt Mittnecker. Trotzdem gebe es Gefahren für die Feuerwehren bei Brandeinsätzen mit PV-Anlagen.
Ausschuss des ÖBFV
Um diese Gefahren zu erheben und anschließend einzugrenzen oder sogar zu beseitigen, hat der Österreichische Bundesfeuerwehrverband einen Ausschuss einberufen. Martin Mittnecker hat den Vorsitz inne. Mit ihm nehmen sich noch spezialisierte Feuerwehrmitglieder und Vertreter der Brandverhütungsstellen der Thematik Photovoltaik an. Die Mitglieder sind alle im Elektronikbereich tätig, nur Mittnecker selbst ist Hochbautechniker.
Prinzipiell könne laut dem Ausschussvorsitzenden mit den üblichen Gefahren bei Einsätzen mit PV-Anlagen aber umgegangen werden. So hieß es im vergangenen Jahr, dass vor allem durch herabstürzende PV-Module, eine Gefährdung der Einsatzkräfte bestünde. "Das ist aber bei jedem Brandeinsatz der Fall", sagt Mittnecker. "Damit müssen wir umgehen können und weitreichend absperren." Außerdem sei bei den Löscharbeiten immer die Größe der PV-Anlage ausschlaggebend. "Ein paar Quadratmeter auf dem Dach eines Einfamilienhauses lassen sich sicher löschen", so Mittnecker. Anders schaue es aber bei einer Verbauung der Fassade aus.
Verbindungsdrähte würden schmelzen
Für ein Beispiel geht Mittnecker vom Extremfall aus: "Sagen wir, es brennt ein großes Gebäude, bei dem eine Fassadenseite komplett mit PV-Modulen verbaut ist. Wenn man dort eine Menschenrettung mit einer Drehleiter durchführt, dann können die Einsatzkräfte den Sicherheitsabstand von fünf Metern nicht mehr einhalten und laufen Gefahr, in den Stromkreis zu geraten." Und immerhin würden solche Anlagen bis zu 1.000 Volt Gleichspannung produzieren.
Dem hält Kronberger von Photovoltaik Austria entgegen, dass die Verbindungsdrähte zwischen den Modulen nur einer Hitze von etwa 200 Grad Celsius standhalten könnten, "dann schmelzen sie einfach und die Anlage wäre spannungsfrei". Beruhigend ist das für Mittnecker aber trotzdem nicht: "Wir wissen ja nicht, wo diese freien Drähte dann liegen und ob es eine Erdung gibt."
Haus weiter unter Strom
Das bisher größte Problem bei PV-Anlagen ist, dass die Module am Dach bis zum sogenannten Wechselrichter, wo Gleich- in Wechselstrom umgewandelt wird, ständig unter Strom stehen. Nur die Leitung nach dem Wechselrichter lässt sich durch die Stromanbieter abschalten, da von dort weg eine Einspeisung ins öffentliche Netz erfolgt. Dieser Wechselrichter befindet sich aber in den meisten Gebäuden im Keller. Das bedeutet, dass das gesamte Haus weiterhin mit Strom versorgt werde.
In Deutschland machten sich Unternehmen deshalb daran, geeignete Sicherheitstechniken zu entwickeln. Eine so genannte BFA-Box (Brand-Fall-Abschaltung) soll die gesamte Hausanlage spannungsfrei stellen. Sie müsste aber in vielen Gebäuden erst nachgerüstet werden. Kronberger freut sich darüber, dass durch die Sicherheitsdebatte "hoffentlich ein neuer Markt entstanden ist", denn er unterstütze "jede Erleichterung der Feuerwehren". Nachsatz: "Auch wenn es nicht notwendig ist, sondern nur zur Beruhigung dient." Mittnecker würde sich aber eine ferngesteuerte Abschaltung wünschen, die zumindest die Verbindungen zwischen den Modulen unterbricht: "Dann müssten die Einsatzkräfte nur noch mit Spannungen von bis zu 120 Volt rechnen."
Gespräche mit Industrie
Viel diskutiert wird auch die Empfehlung, dass PV-Anlagenbesitzer eine freiwillige Meldung an die örtliche Feuerwehr abgeben und Pläne ihrer Anlage den Einsatzkräften zur Verfügung stellen sollen. Kronberger spricht von einem "relativen Unfug" und auch Mittnecker glaubt, dass mit steigender Anzahl der PV-Haushalte, die Papiermassen nicht mehr "handzuhaben wären". Sinnvoller wäre eine Kennzeichnung von Gebäuden mit einer Photovoltaikanlage. "Da müsste aber nicht jedes Einfamilienhaus ein Pickerl tragen, es wäre aber bei großen Gebäuden wünschenswert", sagt Mittnecker.
Die Sicherheitsfragen müssten aber für Kronberger zwischen der erzeugenden Industrie und den Einsatzkräften besprochen werden. "Das wird auch der Fall sein", verspricht Mittnecker. Nach dem Sommer sollen die evaluierten Gefahren für Feuerwehren mit der Industrie besprochen und an gemeinsam Lösungen gefeilt werden - "ohne die Entwicklung zu bremsen", so Mittnecker. (Bianca Blei, derStandard.at, 21.4.2011)